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Sabiene Jahn und Sergey Filbert
Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Dienstag aus vertraulichen Quellen, dass die NATO eine verbindliche Handlungsanweisung für den Fall eines großen europäischen Krieges ausarbeitet. Sie gilt auch außerhalb der Selbstverteidigungsklausel des Artikels 5 des NATO-Statuts. Ein weiteres Zeichen dafür, wohin die Reise geht, findet RIA-Kolumnistin Irina Alksnis.
Bloomberg zitiert vertrauliche Quellen mit der Aussage, dass die Verteidigungsminister der NATO in den nächsten Tagen ein geheimes Dokument unterzeichnen werden, in dem Maßnahmen des Bündnisses im Falle einer gleichzeitigen Verwicklung in einen Konflikt hoher Intensität gemäß Artikel 5 der Charta der Organisation und – was besonders interessant ist – bei Ereignissen, die nicht unter diese Klausel fallen, festgelegt werden. Bei Artikel 5 der NATO-Charta handelt es sich um die berühmte Klausel zur kollektiven Verteidigung, nach der ein Angriff auf ein Mitglied des Bündnisses als Angriff auf die Organisation als Ganzes betrachtet wird, was eine gemeinsame Reaktion auf den Angriff nach sich zieht.
Seit Langem wird behauptet, dass der Artikel nur ein Papiertiger sei und dass die NATO immer in der Lage sein werde, ein Eingreifen in einen Konflikt zu vermeiden, wenn sie dies wünsche. Einer der Bloomberg-Quellen zufolge plant Brüssel jedoch aktiv für genau eine solche Entwicklung – nämlich dann, wenn einige Mitglieder des Bündnisses in Feindseligkeiten verwickelt werden, bei denen sich die NATO nicht auf den fünften Artikel berufen wird.
Es liegt auf der Hand, warum diese Planungen jetzt stattfinden: Es geht um die Ukraine. Je weiter es vorangeht, desto deutlicher wird, dass der Westen dort in der Falle sitzt: Er hat alles auf einen militärischen Sieg der Ukraine über Russland gesetzt, der aber offensichtlich nicht zu erwarten ist. In den vergangenen Wochen haben die einflussreichsten und wichtigsten Medien der Welt immer offener geschrieben, dass die ukrainische Armee zum Scheitern verurteilt ist. Keine Lieferungen westlicher Ausrüstung können sie davor bewahren. Die USA und Europa setzten darauf, Russland durch die Ukrainer zu besiegen, und scheiterten mit diesem Einsatz. Nun rückt die Frage, was als Nächstes zu tun ist, auf der Tagesordnung auf die vordersten Plätze.
Hätten sich die Ereignisse vor einigen Jahren abgespielt, hätte der Westen eine Verschnaufpause eingelegt, sich zurückgezogen, um sich militärisch und politisch neu zu formieren und es nach einer Weile erneut zu versuchen. Das ist genau die Taktik, die wir seit einigen Jahren beobachten können, als auf jeden harten, aber ergebnislosen Angriff auf unser Land eine Zeit der relativen Ruhe und sogar Versuche zur Beilegung der Konflikte folgten.
Diesmal hat der Westen keine Zeit in Reserve: Das globale System, dessen Anführer und Hauptnutznießer er ist, bricht zusammen, und zwar immer schneller. Er kann es sich weder leisten, innezuhalten, noch kann er es sich leisten, sich zurückzuziehen. Der einzige Ausweg: fortsetzen, was er begonnen hat. Angesichts der schwindenden Mobilisierungsreserve der Ukraine muss neues Kanonenfutter woanders gesucht werden. Es liegt auf der Hand, wo – in den NATO-Staaten.
Doch hier kommen die Feinheiten der Beziehungen des Nordatlantischen Bündnisses ins Spiel. Der Anführer und faktische Herr der Organisation sind die Vereinigten Staaten. Die USA haben ein so unmittelbares Interesse – das sie nicht länger verbergen – daran, Europa in einen Krieg mit Russland zu stürzen. Eine eigene, direkte militärische Konfrontation mit Moskau wollen sie jedoch vermeiden, da sie unweigerlich zu einer globalen nuklearen Katastrophe führen würde.
Die von Bloomberg angekündigten NATO-Pläne zielen darauf ab, genau dieses Dilemma zu lösen. Einerseits bereitet Brüssel aktiv Verfahren vor, um den fünften Artikel im Falle von Militäraktionen, an denen Mitgliedsländer beteiligt sind, zu ignorieren. Andererseits ist dasselbe Geheimdokument der Nachrichtenagentur zufolge weitgehend der „Erreichung von Verteidigungsausgabenzielen“ gewidmet, also der Ausplünderung der reichsten der Mitglieder, die sich seit Jahren hartnäckig weigern, die berüchtigten zwei Prozent vom BIP für Militärausgaben aufzuwenden.
Es ist klar, dass in erster Linie Polen und andere Osteuropäer geopfert werden sollen. Aber es besteht kein Zweifel, dass die USA auch für Westeuropa weitreichende Pläne haben. Washington hat die europäischen Eliten und die Führung der europäischen Länder so fest unter Kontrolle, dass ihr Gehorsam selbst auf dem eingeschlagenen, für jedermann sichtbar selbstmörderischen Weg garantiert ist. Und so könnten die amerikanischen Pläne, die Alte Welt an der Ostfront durch den Fleischwolf zu ziehen, ebenfalls in Erfüllung gehen.
(Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 15.02.2023 auf ria.ru erschienen.)